Verdeutlichung von Hochwassergefahren an der Leine

Überschwemmungsgebiete
Im Rahmen des Sommerhochwassers im Juli 2017 führte der NLWKN Abflussmessungen etwa an der Döhrener Wolle durch. Die gewonnenen Daten halfen bei der Kalibrierung der Berechnungsmodelle.- Foto: NLWKN Betriebsstelle Hannover-Hildesheim.

Überschwemmungsgebiete in der Region Hannover mit modernster Technik und verbesserter Datenbasis neu ermittelt

Hannover/Hildesheim (pm).  Die Identifikation möglicher Gefahrenbereiche spielt für einen erfolgreichen vorbeugenden Hochwasserschutz eine entscheidende Rolle. Neue Daten und Vermessungstechniken ermöglichen dabei ein immer klareres Bild von bestehenden Hochwasserrisiken. In der Region Hannover hat der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) jetzt das Überschwemmungsgebiet der Leine zwischen Harkenbleck und Ricklingen einschließlich ihrer Verzweigung Schneller Graben/Ihme neu ermittelt und vorläufig gesichert. Die gefährdete Fläche ist größer als bisher bekannt, so das Ergebnis der Experten.

Zudem wurden im Rahmen der aufwändigen Berechnungen stellenweise auch mehrere Dezimeter höhere Wasserstände als bisher für das einmal in 100 Jahren auftretende Hochwasserereignis festgestellt. Flächen, die bei einem solchen statistischen „Jahrhunderthochwasser“ – im Fachjargon HQ 100 genannt – überschwemmt werden, werden im Interesse des vorbeugenden Hochwasserschutzes als Überschwemmungsgebiete ausgewiesen und vorläufig gesichert. „Die Ermittlung dieser ohnehin natürlich vorhandenen Überschwemmungsbereiche dient einerseits dazu, die Bevölkerung für die oftmals nicht bewusste Hochwassergefahr zu sensibilisieren. Zugleich können die mit einem Hochwasser einhergehenden Schäden aktiv vermieden werden, da für ausgewiesene Überschwemmungsgebiete klare gesetzliche Auflagen etwa hinsichtlich der Bebauung gelten“, erklärt Markus Anhalt, Leiter des Geschäftsbereichs Wasserwirtschaft und Strahlenschutz des NLWKN in Hildesheim.

Neue Daten – fortschreitende Technik

Eine wichtige Rolle bei der Neubearbeitung von Überschwemmungsgebieten spielt eine in den letzten Jahren deutlich verbesserte Datenbasis: „Sich rasch weiterentwickelnde Techniken wie die Laserscanbefliegung und verbesserte Mess- und Berechnungsmethoden erlauben heute eine deutlich genauere Ermittlung vom Verhalten des Wassers in der Fläche“, so Anhalt. Als Geländemodell für die Neuberechnungen in der Region Hannover wurden Daten aus einer 2016 durchgeführten Laserscanbefliegung des Landesamts für Geoinformation und Landesvermessung (LGLN) verwendet. 2018 wurde die Sohle der Leine und der Verzweigung Schneller Graben/Ihme ergänzend vom Boot aus vermessen. Im Zuge der aufwändigen Arbeiten wurden 2019 zudem die Öffnungsmaße von über 200 Brücken aktuell bestimmt. Die hydraulische Berechnung konnte dabei erstmals durchgehend zweidimensional umgesetzt werden. „Eingetretene Hochwasserereignisse der jüngeren Vergangenheit wie das Sommer-hochwasser 2017 liefern zusätzlich wertvolle Messdaten zur Modellkalibrierung“, so Anhalt.

Der Fachmann und seine Kollegen sind sich sicher: „Bisher getroffene Vorkehrungen zum Schutz vor Hochwasser müssen vor dem Hintergrund dieser neuen Erkenntnisse geprüft werden“. Auch wären nach den neuen Berechnungen bisher nicht durch Verordnung und die alte vorläufige Sicherung gekennzeichnete Flächen von einem entsprechenden Hochwasserereignis betroffen. Das nun neu vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiet (Flusskilometer 102,024 bis km 64,700) liegt im Bereich der Städte Laatzen und Hemmingen, der Landeshauptstadt Hannover sowie der Städte Seelze und Garbsen. In allen Städten sind bebaute Bereiche betroffen. „Mit der neuen vorläufigen Sicherung liegen jetzt aktuelle Planungsgrundlagen für den Hochwasserschutz vor“, betont Markus Anhalt.

In Niedersachsen müssen Überschwemmungsgebiete an Flüssen auf einer Länge von mehr als 7.100 Kilometern überprüft und berechnet werden. Der NLWKN liefert den Unteren Wasserbehörden die ermittelten Erkenntnisse und sichert die Gebiete vorläufig. Betroffene Landkreise und Städte führen anschließend auf dieser Grundlage ein förmliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung zur endgültigen Festsetzung des Überschwemmungsgebiets durch. Hier sind auch die entsprechenden Karten einsehbar.