Neues vom Bundesforschungsministerium gefördertes Projekt ATIQ hat ein Gesamtvolumen von 44,5 Millionen Euro
Hannover (pm). Quantencomputer versprechen ungekannte Rechenpower für Anwendungen, an denen auf „Nullen und Einsen“ beruhende Rechner prinzipiell scheitern. Im Projekt „Quantencomputer mit gespeicherten Ionen für Anwendungen“ (ATIQ) entwickeln 25 Partner aus Forschungseinrichtungen mit Industriepartnern nun Quantencomputer-Demonstratoren, die gemeinsam mit Anwendern von Quantencomputern realisiert werden. Dabei gehen die Partner große technische Herausforderungen an, um deutsche Quantencomputer-Demonstratoren zu realisieren und Nutzern im 24/7 Betrieb zugänglich zu machen. Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt mit insgesamt 37,4 Millionen Euro.
Ziel von ATIQ ist es, innerhalb von 30 Monaten eine erste Generation von zuverlässigen, anwenderfreundlichen und rund um die Uhr verfügbaren Quantencomputer-Demonstratoren auf Basis der Ionenfallen-Technologie zu entwickeln. Dazu haben sich die führenden Gruppen der Ionenfallenforschung an den Universitäten in Hannover/Braunschweig, Siegen und Mainz mit Forschungseinrichtungen und Industriepartnern zusammengeschlossen. „Wir wollen gemeinsam den nächsten großen Schritt machen. ATIQ soll der Kristallisationspunkt für ein deutsches Ökosystem der Ionenfallen-Quantentechnologie sein, das Technologiepartner, Wissenschaft und Anwender zusammenbringt und zu relevanten kommerziellen Verwertungen führt“, fasst Projektkoordinator Professor Christian Ospelkaus von der Leibniz Universität und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig die Motivation zusammen.
Statt klassischen Bits verwendet ein Quantenrechner Qubits. „Ionen sind ideale Qubits. Sie werden uns von der Natur selbst bereitgestellt, sind immer identisch, ihre Eigenschaften sind zudem mit höchster Genauigkeit bekannt. Wir werden im Rahmen von ATIQ neue Methoden erforschen, diese perfekten Qubits auch in großen Quantenregistern zu kontrollieren.“ meint Professor Christof Wunderlich von der Universität Siegen. „Gerade, wenn man einen klassischen Hochleistungsrechner mit solch einem Quanten-Koprozessor verbindet, ist dieses Gespann unschlagbar bei neuen Rechenaufgaben“ ergänzt Professor Ferdinand Schmidt-Kaler von der Universität Mainz.
Robuste und skalierbare Quantenhardware
ATIQ birgt in der Tat ein enormes wirtschaftliches und wissenschaftliches Erfolgspotenzial. Quantencomputer versprechen ungekannte Rechenpower für Anwendungen, an denen auf rein digitale klassische Hochleistungsrechner Rechner alleine komplett scheitern. Die Kombination von klassischem Hochleistungsrechner und Quantencomputer dagegen eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten. Es besteht daher dringender Bedarf für Deutschland, robuste und skalierbare Quantenhardware zur Verfügung zu stellen. Das ATIQ Konsortium zielt auf optimierte Hardware für Anwendungen in der Chemie. Neuartige chemische Substanzen und die Reaktionen zu deren Herstellung könnten dann auf Quantencomputern simuliert werden. Ein anderer Anwendungsfall liegt im Finanzwesen, wo völlig neue Wege in der Kreditrisikobewertung beschritten werden.
Der Kern des Quantenprozessors in ATIQ basiert auf der Ionenfallen-Technologie, die weltweit als eine der vielversprechendsten Wege zum Quantencomputer angesehen wird. Allerdings sind derzeitige Systeme komplexe Labormaschinen, kontinuierlich gewartet und kalibriert durch hochqualifiziertes Personal. ATIQ adressiert die technischen Herausforderungen, um einem Dauerbetrieb zu bewerkstelligen mit zuverlässigen Rechenoperationen hoher Qualität. Die ATIQ-Partner optimieren in Zusammenarbeit mit Technologie- und Industriepartnern dazu die Ansteuerung der Prozessoren mit elektronischen und optischen Signalen, sodass auch externe Nutzer Rechenalgorithmen selbständig ausführen können. Außerdem verspricht eine solche Optimierung auch die Hochskalierung der Quantendemonstratoren von zunächst 10 auf schließlich mehr als 100 Qubits.
Die Stärke des Konsortiums beruht auf dem Wissen als Entwickler der Ionenfallentechnologie und der physikalischen und technischen Grundlagen an den Universitäten und Forschungseinrichtungen Leibniz Universität Hannover / PTB Braunschweig, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, und der Universität Siegen gemeinsam mit weiteren Forschungseinrichtungen, starken Industrie- und Technologiepartnern sowie Anwendern und Verbünden wie dem Quantum Valley Lower Saxony.
Über das Projekt
Das Verbundprojekt „ATIQ – Quantencomputer mit gespeicherten Ionen für Anwendungen“ ist Teil der BMBF-Fördermaßnahme „Quantencomputer-Demonstrationsaufbauten“. Projektlaufzeit ist vom 1. Dezember 2021 bis zum 30. November 2026, das Projektvolumen beträgt 44,5 Mio. Euro (Fördersumme 37,4 Millionen Euro plus Eigenanteil der beteiligten Unternehmen). Insgesamt sind die Kompetenzen von 25 Partner in ATIQ gebündelt und koordiniert an der Leibniz Universität Hannover. Weiter Partner sind die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Universität Siegen, TU Braunschweig, RWTH Aachen, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Fraunhofer-Gesellschaft, die Unternehmen AMO GmbH, AKKA Industry Consulting GmbH, Black Semiconductor GmbH, eleQtron GmbH, FiberBridge Photonics GmbH, Infineon Technologies AG, JoS QUANTUM GmbH, LPKF Laser & Electronics AG, Parity Quantum Computing Germany GmbH, QUARTIQ GmbH, Qubig GmbH und die TOPTICA Photonics AG. Assoziierte Partner sind AQT Germany GmbH, Boehringer Ingelheim, Covestro AG, DLR-SI, Volkswagen AG und QUDORA Technologies GmbH.