Forderung der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in der Region Hannover: „Die Kommunen unterstützen heißt auch die Leistungsfähigkeit berücksichtigen.“
Langenhagen (pm). Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Region Hannover unterstützen die Kritik des Landrats Götz Ulrich aus Sachsen-Anhalt zur Belastung der kommunalen Verwaltung durch Entschlüsse in Bund und Land. Ulrich betonte, dass die Verwaltung in Deutschland überfordert sei, sowohl wegen der Krisen als auch wegen der aktuellen Politik vom Bund, aber auch der Länder. Die Kommunen setzen zu einem Großteil das um, was in Berlin beschlossen wird. „Hier kann man gut ablesen, was noch funktioniert – und was nicht“, sagt Ulrich. Und dieser Blick erfüllt ihn aktuell mit Sorge.
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Region unterstützen dies mit folgendem Statement:
„Wir stehen personell und finanziell mit dem Rücken zur Wand. Das erträgliche Maß ist seit Jahren überschritten. Es herrscht eine Diskrepanz zwischen Aufgaben (inklusive andernorts provozierter Erwartungshaltungen) und der zur Verfügung stehenden Ressourcen (Geld und Personal). Gleichzeitig sehen wir uns mit handwerklich schlecht gemachten formalen Rahmensetzungen (Vergaberecht, Baurecht, Planungsrecht, …) konfrontiert, was mit einer dauerhaften Überforderung, Missachtung und Geringschätzung der kommunalen Familie einhergeht. Dies wird den Standort Deutschland über kurz oder lang schwächen. Weiterhin bleibt der Bund mit seinen eigenen Hausaufgaben zurück. So schafft er es nicht, Prozessketten in der Bearbeitung staatlicher Leistungen unter dem Gesichtspunkt der Automatisierung, Digitalisierung und KI zu optimieren und die seit Jahren wiederholten Forderungen nach Entlastung (auch durch den Einsatz neuer Techniken und Werkzeuge) stringent umzusetzen. Mit noch mehr Kongressen, Arbeitskreisen und TaskForces zur Problembewunderung werden wir die anstehenden komplexen Aufgaben nicht lösen. Es fehlt an Pragmatismus, einer Hands-on-Mentalität insbesondere in der Ministerialbürokratie und der Bereitschaft, lieb gewonnene Strukturen aufzugeben. Gleichzeitig zeigt sich eine widersprüchliche Misstrauenshaltung gegenüber Kommunen, wenn es um die Bereitstellung von Ressourcen geht. Hier werden der kommunalen Selbstverwaltung mit immer neuen bürokratischen Förderprogrammen goldene Zügel angelegt, während das Geld auf der anderen Seite dank nicht durchfinanzierter Aufgabenverlagerungen entzogen wird. In der Folge sind die ehrenamtlichen kommunalen Räte, die die Bürgerschaft vor Ort repräsentieren, gezwungen eigene lokale – direkt Wirkung entfaltende – Projekte hintenanzustellen oder gar ganz aufzugeben. Daraus entsteht ein nicht zu reparierender demokratischer Frust, der eine Gefahr für demokratische Prozesse und gesellschaftlichen Zusammenhalt birgt.“
Sprecherin Ramona Schumann aus Pattensen ergänzt: „Wir fordern die Bundesregierung auf, sich auf das Allernötigste zu konzentrieren, um die Verwaltungen in Deutschland zu entlasten. Es darf nicht sein, dass in Berlin etwas versprochen wird, das vor Ort gar nicht administriert werden kann. Daraus entsteht eine Gefahr für unseren Rechtsstaat.“
Weiterhin kritisieren die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Region Hannover, dass die in Bund und Ländern getroffenen Entscheidungen ohne eine hinreichende Berücksichtigung der kommunalen Belange fallen: „Die Anhörungsmöglichkeiten gegenüber den Spitzenverbänden werden mit immer kürzeren Rückmeldefristen an uns herangetragen, so dass wir faktisch nicht mehr in der Lage sind, diese hinreichend zu bewerten. Abgesehen davon, gewinnen wir zunehmend den Eindruck, dass unsere Praxisperspektive nicht von Interesse ist.“, so Sprecher Mirko Heuer aus Langenhagen.
Die Hauptverwaltungsbeamten appellieren an die Bundesregierung und Parlamentarier, Ideen und Wünschenswertes auch einmal zurückzustellen oder kritisch zu hinterfragen. Themen wie Energiewende, Wohnungsbau, Fachkräftemangel und die Aufgaben der Nachhaltigkeit zusätzlich zu den Kernthemen der Verwaltungen, wie Kitaausbau, Schulentwicklung, ÖPNV, Sozialhilfe und Digitalisierung, sind ein ausreichendes Arbeitspaket für die Kommunen. Es besteht die Gefahr einer Überlast auf dem Rücken derer, die diese nicht mehr weiter nach unten verlagern können. „In einer Organisation würde man, um sich selber zu schützen, eine Überlastungsanzeige stellen“, ergänzen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ihr Statement.
Es braucht den klaren Blick für die Realitäten und eine konkrete Entlastung der kommunalen Verwaltungen vor Ort.