„Digitaler Kollege“ bei der Polizei Niedersachsen: Der „Cyberguide“ ist der neue digitale Assistent für die Bekämpfung von Cyberkriminalität

Grafik Cyber Attack
Symbolbild: Cyber Attack / Internet-Virus - Quelle: Pixabay

Pistorius: „Der Kampf gegen immer komplexere Straftaten im digitalen Raum fordert die Polizistinnen und Polizisten seit Jahren zunehmend. Mit dem ‚Cyberguide‘ wird die Bearbeitung dieser Verfahren schon bei der Aufnahme der Anzeigen deutlich präziser und damit auch erfolgversprechender.“

Hannover (pm). Abo-Fallen, Call-Center-Betrug, CEO-Fraud, DDoS-Angriffe oder Ransomware: Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sind seit Jahren von Cyberkriminalität betroffen. Die polizeilich registrierten Fälle steigen kontinuierlich, auch im vergangenen Jahr gab es einen erneuten Anstieg um über 6 Prozent auf fast 50.000 Fälle. Straftaten im digitalen Raum verändern sich gleichzeitig rasend schnell, neue Phänomene und Begehungsweisen sind an der Tagesordnung.

Um diesen Herausforderungen ebenso schnell begegnen zu können, wurden im vergangenen Jahr hochspezialisierte und personell gut ausgestattete „Fachkommissariate Cybercrime“ eingerichtet.

Aussichtsreiche Ermittlungen und bestenfalls auch das Verhindern von weiteren Schäden können gerade bei digitaler Kriminalität allerdings nur mit möglichst präzisen und zeitnah vorliegenden Informationen erreicht werden. Eine exakte und möglichst umfangreiche Anzeigenaufnahme ist dabei eine ganz wichtige Voraussetzung, um beispielsweise Rückholungen von nicht autorisierten Kontoabbuchungen oder die Nachverfolgung von den von zahlreichen Kriminellen genutzten Kryptowährungen gewährleisten zu können.

Angesichts der zahlreichen Deliktsvarianten und Tatbegehungsweisen in diesem Phänomenbereich hat die Polizei Niedersachsen jetzt den digitalen Assistenten „Cyberguide“ entwickelt. Der „Cyberguide“ ist eine sinnvolle Unterstützung bei der Anzeigenaufnahme insbesondere für diejenigen in der Polizei, die sich nicht vorrangig mit Cybercrimedelikten befassen, beispielsweise im Einsatz- und Streifendienst.

Mit dem Assistenten können die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auf den Dienststellen deutlich effizienter und handlungssicherer Sachverhalte zielgerichtet und korrekt erfassen bzw. weiterleiten.

Vermeidbare Nachermittlungen lassen sich reduzieren, zudem werden wertvolle „flüchtige Daten“ wie beispielsweise IP-Adressen häufiger gesichert werden können, um sie in Strafverfahren nutzbar zu machen. Der „digitale Kollege“ wurde zunächst als Pilotprojekt in elf Polizeiinspektionen erprobt und ist seit dem 10.05.2022 landesweit im Einsatz.

Der komfortabel und intuitiv zu bedienende „Cyberguide“ der niedersächsischen Polizei ist ein intelligenter Kriminalassistent, der seine Anwenderinnen und Anwender durch geschickte Fragestellungen und eine integrierte Lotsenfunktion während der Anzeigenaufnahme unterstützt, Schilderungen der Opfer von digital begangenen Straftaten möglichst präzise und ohne Zeitverlust zu erfassen. Beispielsweise kann der „Cyberguide“ mit einem Frage- und Antwortmodus dazu beitragen, die wichtigen Informationen so genau wie möglich und so umfangreich wie nötig zu erfragen. Der Assistent ordnet die Antworten, erstellt Dokumente und überführt die erforderlichen Informationen in das polizeiliche IT-System. Für die Ermittlerinnen und Ermittler, wie auch für die Zeuginnen und Zeugen und Anzeigenerstattenden erstellt er zudem individuelle Handreichungen über das weitere Verfahren.

Dazu der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, sagt: „Die Verfolgung von Straftaten im digitalen Raum bleibt eine der größten Herausforderungen für die Polizei, das belegt auch die Entwicklung der Kriminalstatistik. Der Modus Operandi ändert sich in diesem Deliktsfeld praktisch täglich. Um mit dieser Entwicklung Schritt halten zu können, steht der Polizei Niedersachsen jetzt ein neuer digitaler Assistent zur Verfügung – der ‚Cyberguide‘. Durch dieses Tool und ggf. noch weitere Assistenten entlasten wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei. Gleichzeitig verbessern wir die Qualität ihrer Arbeit damit noch weiter. Bemerkenswert an diesem Projekt ist vor allem, dass es eine Innovation aus dem Kreis der Polizei ist, darüber freue ich mich ganz besonders. Wenn Kriminelle die Vorteile der digitalen Welt nutzen, müssen auch wir kreative und fortschrittliche digitale Verfahren entwickeln, um besser ermitteln zu können.“

Der „Cyberguide“ wurde zunächst in der Polizeidirektion Braunschweig entwickelt und erprobt. Roger Fladung, Polizeivizepräsident der Behörde, ergänzt: „Dieser zukunftsweisende, innovative Assistent ist eine Idee und Entwicklung von Ermittlerinnen und Ermittlern aus der Polizeidirektion Braunschweig, die mit ihrem Engagement eine für die professionelle Ermittlungsarbeit und die bürgernahe Beratung und Begleitung von Geschädigten von Cyber-Straftaten hervorragende Unterstützung geschaffen haben. In einem Schnellverfahren passt sich hierbei der digitale Assistent veränderten Tatbegehungsweisen an und ergänzt die wichtigen ‚richtigen‘ Fragestellungen bei der Anzeigenaufnahme. Ein bemerkenswertes Potenzial, die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in unterschiedlichsten Aufgabenfeldern optimal zu unterstützen.“

Der für die Polizeiarbeit in Niedersachsen entwickelte „Cyberguide“ beruht auf einem auch in der Industrie inzwischen weit verbreiteten Standard zur Programmentwicklung. Dabei werden bestimmte Abläufe, wie etwa auch die komplexe Aufnahme von Straftaten im Bereich Cybercrime, digital mit laufend aktualisierten Informationen begleitet und assistiert.

Mittlerweile wurde das Projekt „Cyberguide“ von der Polizeidirektion Braunschweig in die Zentrale Polizeidirektion Niedersachsen verlagert; dort wurde zum 01.04.2022 der Fachbereich „Assistenzsysteme“ eingerichtet. Der Polizeivizepräsident der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen, Uwe Lange, sagt: „Der ‚Cyberguide‘ als polizeiliche Anwendung wird inzwischen technisch als landesweite Fachanwendung im Rahmen der polizeilichen IT von der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen zur Verfügung gestellt und kontinuierlich gemeinsam mit Fachdienststellen weiterentwickelt. Aktuelle Phänomene im Bereich Cybercrime sowie erkannte Optimierungspotenziale des Assistenten werden dazu in Kooperation mit allen Polizeibehörden zentral gebündelt und schnellstmöglich in die Umsetzung gebracht. Damit stellen wir sicher, dass die Software jederzeit den aktuellen Bedarfen sowohl in der Anzeigenaufnahme als auch Weiterbearbeitung entspricht.“