Trotz Regen und Kühle wurde bei der „Stunde der Gartenvögel“ am Vatertagswochenende deutschlandweit fleißig gezählt
Berlin – In vielen Regionen Deutschlands ist der Vatertag ins Wasser gefallen. Doch Naturfreundinnen und -freunde haben sich von Regen und Fröstel-Temperaturen am langen Wochenende kaum abschrecken lassen. Mindestens 112.000 Menschen haben an der „Stunde der Gartenvögel“ vom 13. bis 16. Mai teilgenommen. Aus über 77.000 Gärten und Parks wurden dem NABU und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) über 2,5 Millionen Vögel gemeldet. Die Zahlen werden noch steigen, denn Beobachtungen kann man noch bis zum 24. Mai dem NABU melden.
„Das derzeitige sehr wechselhafte und kühle Wetter macht unseren Vögeln wenig aus“, so NABU Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Einige Arten profitieren sogar. Etwa die Amsel, sie kommt bei feuchtem Wetter viel besser an ihre Leibspeise – Regenwürmer.“ Der schwarze Vogel belegt nach dem Haussperling wie bisher in jedem Jahr seit dem Beginn der Aktion 2005 Platz zwei der am häufigsten gemeldeten Gartenvögel. Dabei ist er auch der zuverlässigste Gartenbesucher und konnte in über 92 Prozent aller Zählungen entdeckt werden.
Mit Spannung erwartet wurden die Zählergebnisse der Blaumeise. Bei der kleinen Meise mit dem blauen Köpfchen hatte im Frühjahr 2020 ein bakterieller Erreger namens Suttonella ornithocola erstmals zu einem Massensterben in vielen Teilen Deutschlands geführt. Dort, wo es grassierte, hatten die Sichtungen bei der Vorjahreszählung deutlich abgenommen, wie eine Analyse nach Postleitzahlen zeigen konnte. Eine Welle verstorbener Blaumeisen war zwar auch in diesem Frühjahr wieder festzustellen, sie war jedoch deutlich kleiner. „Die Blaumeise hat sich vom Einbruch im vergangenen Jahr gut erholt“, so Miller. „Auch wenn sie ihren normalen Durchschnittswert wohl nicht ganz erreichen wird. Offenbar konnten erfolgreiche Bruten die Verluste weitgehend ausgleichen.“
Insgesamt konnten pro Garten mit 32,5 Individuen wieder deutlich mehr Vögel als im Vorjahr entdeckt werden. Während die Gesamtzahl der Vögel im Siedlungsraum im Gegensatz zu den Beständen in der Agrarlandschaft damit weiterhin weitgehend konstant bleibt, gibt es doch für viele Vogelarten besorgniserregende Entwicklungen: So verharren die Sorgenkinder Mauersegler, Mehlschwalbe, Grünfink und Zaunkönig auf Höhe der schlechten Ergebnisse aus den Vorjahren. Miller: „Eine Trendwende ist bei ihnen weiter nicht in Sicht.“
Interessant sind auch die Ergebnisse bei den beiden Rotschwanzarten. Der eigentlich viel häufigere Hausrotschwanz nimmt seit vielen Jahren kontinuierlich ab. Inzwischen wird im Vergleich zum Beginn der Aktion vor 16 Jahren nur noch die Hälfte an Vögeln seiner Art gemeldet. Der seltenere Gartenrotschwanz hält sich dagegen stabil. Miller: „Diese Entwicklung beim Hausrotschwanz ist besorgniserregend. Vermutlich leidet er als Gebäudebrüter am Verlust von möglichen Brutnischen und als Insektenfresser an fehlender Nahrung.“
Positiv entwickeln sich weiterhin die Gartenbestände von eigentlichen Waldvögeln wie Ringeltaube und Buntspecht. Ein besonderer Gewinner der aktuellen Zählung ist offensichtlich der Stieglitz. Die gemeldeten Zahlen dieses farbenfrohen Finkenvogels machten einen Sprung: In diesem Jahr konnte er in 16 Prozent aller Gärten mit 0,43 Vögeln pro Garten entdeckt werden. Beide Werte sind doppelt so hoch wie noch zu Beginn der Zählungen. Die Besonderheit dieser Art ist, dass er als einer von ganz wenigen Singvögeln seine Jungen nicht mit Insekten, sondern vegetarisch ernährt.
Aktuelle Zwischenstände und erste Ergebnisse sind unter www.stundedergartenvoegel.de abrufbar und können mit vergangenen Jahren verglichen werden. Mit einem Endergebnis wird Ende Mai gerechnet.
Die nächste Mitmachaktion des NABU läuft vom 4. bis 13. Juni. Dann werden beim „Insektensommer“ wieder Sechsbeiner gezählt und gemeldet.