Die MHH trauert um Professor Hans Borst

Professor Dr. Hans Borst
Professor Dr. Hans Borst - © Karin Kaiser / MHH

Der „Gründungsvater“ der MHH-Chirurgie ist im Alter von 94 Jahren gestorben

Hannover (pm). Die Medizinische Hochschule Hannover trauert um Professor Dr. Hans Borst. Der „Vater“ der Chirurgie an der MHH starb am 8. September 2022 im Alter von 94 Jahren. „Professor Borst und sein Team legten die Grundsteine dafür, dass die MHH-Chirurgie Weltgeltung erlangen konnte“, sagt MHH-Präsident Professor Dr. Michael Manns, „von ersten Eingriffen am Herzen bis hin zur Transplantation von Herz und Lunge sowie Prothesen für Hauptschlagadern. Die Hochschule ist Professor Borst zu tiefem Dank verpflichtet, und wir werden ein ehrendes Andenken bewahren.“

Professor Borst schuf deutschlandweit erstmals ein Zentrum Chirurgie aus einzelnen Spezialkliniken im Departmentsystem

Professor Borst kam 1968 mit seinem Team aus München nach Hannover. Er baute „auf der grünen Wiese“ das Zentrum Chirurgie und insbesondere die Abteilung Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie auf und leitete sie fast 30 Jahre lang. Die aufstrebende MHH bot einen idealen Rahmen für das Erblühen der Herzchirurgie. Zunächst arbeitete sein Team noch am Oststadtkrankenhaus. Schon bevor das Zentralklinikum auf dem Roderbruch-Campus fertiggestellt war, führten die „neuen“ MHH Chirurgen erste Herzeingriffe durch, korrigierten beispielsweise Klappenfehler. Mit dem Umzug in den Roderbruch gliederte Professor Borst das Zentrum Chirurgie in selbstständige, partnerschaftlich verbundene und gleichwertig ausgestattete Spezialkliniken – ein Novum in der deutschen Kliniklandschaft.

Herzchirurgie der MHH wird deutschlandweit sichtbar

Die Herzchirurgie erblühte – dank der Herz-Lungen-Maschine. Zu ihr hat Professor Borst eine besondere Verbindung, war er doch als wissenschaftlicher Assistent 1958 für ihren Einsatz verantwortlich, als Professor Dr. Rudolf Zenker als einer der Ersten im deutschsprachigen Bereich an der Universitätsklinik Marburg einen Patienten mit ihrer Hilfe erfolgreich am offenen Herzen operierte. In der MHH setzte Professor Borst erstmals 1968 eine solche Maschine für Eingriffe wie Herzklappenoperationen ein. 1975 hatte Borsts Team mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten mit Unterstützung der Herz-Lungen-Maschine behandelt, 1986 waren es bereits 10.000 Kranke. Die MHH hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits zu einem wichtigen Zentrum der Herzchirurgie in Deutschland entwickelt.

Mit Elefantenrüsseln Adern ersetzen

Professor Borst und sein Team entwickelten manche neue Methode, die zunehmend zum internationalen Standard wurden. Sein Interesse galt aber nicht nur dem Herz, sondern vor allem der Aorta, der Hauptschlagader: So beschäftigte er sich intensiv mit deren gefährlichen Aussackungen und Einrissen, also Aneurysmen und Dissektionen. Die an der MHH entwickelten Verfahren waren Wegbereiter für erfolgreiche Behandlungen. „Einen Meilenstein in der Behandlung ausgedehnter Erkrankungen der Hauptschlagader stellte die Entwicklung der Elefantenrüsselmethode dar, der Elephant-Trunk-Technik“, betont Professor Dr. Axel Haverich, der 1996 die Leitung der Klinik übernahm. 1983 erhielt erstmals ein Patient mit einem Aneurysma der Brustschlagader eine solche vollständig neue Schlagader (Aorta) aus Kunststoff. Die Methode wurde ständig weiterentwickelt, und heute wird diese spezielle Gefäßprothese mit rüsselähnlichen Seitenästen für die abgehenden Arterien weltweit angewendet. Damit gehört die MHH seit Professor Borsts Wirken zu den weltweit führenden Zentren der Chirurgie nicht nur des Herzens, sondern auch der Gefäße und hier vor allem der Aorta.

1983 wurde das erste Herz an der MHH transplantiert

Die Chirurgen in Hannover hatten sich von Anfang an mit der Transplantationsmedizin beschäftigt. 1983, die MHH hatte dank Professor Dr. Rudolf Pichlmayr bereits einen internationalen Ruf durch die Transplantation von Nieren und Lebern, führte Borsts Team die erste Herztransplantation an der MHH durch – das geschah bundesweit das zweite Mal überhaupt. Im März 1986 waren in Hannover bereits 100 Herzen verpflanzt. 1987 führten die MHH-Chirurgen die erste beidseitige Lungentransplantation im deutschen Sprachraum durch. Dieses weitaus schwieriger zu transplantierende Organ wurde zu ihrem Behandlungsschwerpunkt und die MHH zu Europas führendem Zentrum für Lungentransplantationen.

Professor Borst setzte sich stets für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, war Vorbild und Förderer. Zahlreiche der von ihm ausgebildeten Ärzte wurden auf leitende Positionen der Herz- und Thorax-Chirurgie im In- und Ausland berufen. Als Hochschullehrer waren ihm der Studierendenunterricht, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie die akademische Selbstverwaltung ein großes Anliegen. Auch nach seiner Emeritierung hat er engen Kontakt zu „seiner“ Klinik gehalten, war oft zu Gast. Besonders gern erinnerte er sich dann an die Anfänge in Hannover: „Das war eine unglaublich kreative Zeit, wir hatten alle Freiheiten in Klinik, Forschung und Lehre. Niemand redete uns rein.“

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