Nachwuchs im Weltvogelpark: Kuckuckskinder im Kolibrihaus

Lisa Renken mit dem Nachwuchs - © Weltvogelpark Walsrode

Walsrode (pm). Die Aufzucht von Kolibris in menschlicher Obhut erfordert eine Menge Zeit und Aufmerksamkeit. Denn nur wenn sich die Kolibris wohlfühlen, kommt es zu dem seltenen Nachwuchs. Im Weltvogelpark sind gerade drei Rostbauchamazilien geschlüpft, eine Kolibriart aus Südamerika. Da die Mutter mit der Brut und Aufzucht überfordert war, fand sich Ersatz – in fremden Nestern und bei Lisa Renken in der Aufzuchtabteilung.

Der Weltvogelpark bietet nicht nur 4.000 Vögeln aus 650 Arten und von allen Kontinenten ein geschütztes Zuhause, er sorgt mit Nachzuchtprogrammen auch aktiv für die Erhaltung gefährdeter Arten. Dabei sind einige Vögel besonders anspruchsvoll. „Kolibris sind enorm empfindlich. Unter menschlicher Obhut gelingt es nur sehr selten, hier überhaupt einen Bruterfolg zu verzeichnen und diese Jungvögel dann auch noch erfolgreich aufzuziehen. Auf den Nachwuchs im Kolibrihaus sind wir deshalb besonders stolz“, erklärt Lisa Renken, die Mitarbeiterin in der Kolibriabteilung.

Kuckuckskind im Weltvogelpark

Ganze drei etwa erbsengroße Kolibrijungtiere sind Mitte September im Weltvogelpark geschlüpft, zwei der Jungtiere davon bei ihrer Mutter im Nest. Allerdings hat diese sich nicht ausreichend um die Jungen gekümmert, wie die Videoüberwachung ergeben hat. Das dritte Jungtier ist im Brutkasten zur Welt gekommen. Bei Anzeichen dafür, dass die Mutter dem Nest zu lange fernbleibt, kontrollieren die Pfleger, ob die Jungtiere und Eier nicht auskühlen. Sollte das der Fall sein, kümmern sich die Pfleger aktiv um die Jungtiere, wärmen sie und versorgen sie mit Nahrung. Zwei der drei Jungtiere konnten jeweils bei einer Ersatzmutter, deren eigenes Jungtier gerade flügge geworden war, und einer weiteren Ersatzmutter, die gerade wenige Tage alte unbefruchtete Eier im Nest hatte, untergelegt werden. Diese Weibchen haben die Jungtiere gut angenommen und ziehen die jungen Rostbauchamazilien nun als ihre eigenen Kinder auf. Das andere Jungtier wird von den Pflegern an einem gut gewärmten Ort großgezogen.„Es ist immer unsere erste Wahl, die Jungtiere bei anderen Muttertieren unterzulegen. So können die Kolibris am natürlichsten aufwachsen. Wenn das allerdings nicht funktioniert, kümmern wir Pfleger uns liebevoll um die kleinen Vögel und ziehen die Tiere per Hand groß“, so Renken.In dem künstlichen Nestchen, dem sogenannten Inkubator, bleibt die Temperatur dauerhaft bei 36° C. Die jungen Kolibris werden durch eine nadellose 1-Milliliter-Spritze mit einem Nahrungsbrei aus Fruchtfliegen und Nektar gefüttert. Um die optimale Nahrungsmenge zu berechnen, werden die Jungen jeden Tag von den Pflegern gewogen. So braucht ein zwei Gramm schweres Kolibriküken pro Tag rund vier Gramm Nahrung für seine optimale Entwicklung.

Viel Pflege und Aufmerksamkeit

Über den Tag werden die Jungtiere dann rund 14-mal gefüttert. Dies geschieht zwischen 6 Uhr morgens und 22 Uhr abends. Die Pfleger dimmen am Abend langsam das Licht, um einen Sonnenuntergang zu simulieren. Wenn es dunkler wird, fahren die jungen Kolibris ihren Kreislauf runter. Dann brauchen sie über Nacht keine weitere Nahrung zu sich zu nehmen. Um diesem Fulltime-Job gerecht werden zu können, nimmt Lisa Renken das Jungtier samt Inkubator auch schon mal über Nacht mit nach Hause – denn Feierabend kennen die gefiederten Babys nicht. Bei dieser Arbeit braucht es echtes Herzblut, und das hat Lisa Renken.

Seit drei Jahren arbeitet sie für den Weltvogelpark Walsrode, seit Winter 2019/2020 nun in der Kolibriabteilung. Dabei sollte die Arbeit im Weltvogelpark eigentlich nur ein Minijob werden. „Ich habe Chemikantin gelernt und bin während der Ausbildung durch Zufall an die Stelle als Rangerin in der Flugshowabteilung gekommen. Mittlerweile ist aus dem Minijob eine Vollzeitfestanstellung geworden. Denn in der Arbeit in der Welt der Vögel habe ich meinen Traumberuf gefunden. So artenreich diese ist, so vielfältig ist sie auch. Das spiegelt sich auch in der Tätigkeit in der Tierpflege wider. Jeden Tag gibt es neue Herausforderungen, und am Ende ist es die größte Belohnung, wenn es gelingt, dass aus dem kleinen, ein Cent großen Winzling ein fliegendes Juwel heranwächst“, so Renken.

Meet & Greet mit den Kolibris

Wer den Kolibris einmal ganz nah kommen möchte, der kann das im Rahmen eines sogenannten Meet & Greet. Dafür wurde im Weltvogelpark eine begehbare Kontaktvoliere gebaut. Hier kann der Besucher die erwachsenen Tiere selbst füttern und hat gleichzeitig die Chance, die Arbeit mit den kleinen Jungtieren ganz aus der Nähe mitzuerleben, wenn es gerade Nachwuchs gibt. Ist das aktuelle Jungtier übrigens ein Weibchen, wird es auch als ausgewachsener Kolibri mit in die Kontaktvoliere zu den anderen Kolibris ziehen und somit Teil der Meet & Greets. Die aktuelle Gruppe aus drei Tieren besteht nur aus Weibchen. Würde ein Männchen hinzukommen, käme es nämlich zu revierverteidigendem Verhalten. „Die Arbeit mit den Kolibris macht mich sehr glücklich. Dieses Gefühl, den Besuchern durch den hautnahen Kontakt diese faszinierenden Tieren im Rahmen der Meet & Greets näherbringen zu dürfen, bereitet mir große Freude“, so Lisa Renken abschließend.

Der Weltvogelpark Walsrode:

In der Lüneburger Heide, im Dreieck zwischen Hannover, Bremen und Hamburg, liegt der Weltvogelpark Walsrode, der größte Vogelpark der Welt. Der Park beherbergt über 4.000 Vögel aus 650 verschiedenen Arten und von allen Kontinenten in einer 24 Hektar großen Garten- und Erlebnislandschaft. Besucher erleben spektakuläre Flugshows, Schaufütterungen, Vogelbabys und faszinierende Indoorattraktionen. Zudem sind sie eingeladen, spannende Themenhäuser, exotische Freiflughallen und artenreiche Vogelvolieren zu entdecken. Zwischendurch laden 320 Sitzbänke zum Entspannen und Genießen ein. Liebevoll angelegte Beete, großzügige Teichanlagen und exotische Pflanzen entführen in eine andere Welt – einfach mal die Seele baumeln und den Alltag links liegen lassen. Der magische Zauber unzähliger Baum- und Blumenarten bildet eine bunte und sich ständig verändernde Kulisse.

Für die kleinen Besucher gibt es tolle Spielplätze und für die Erwachsenen kostenlose Parkplätze. Ein Restaurant, Imbisse und Eiswagen laden für den kleinen und großen Hunger zwischendurch ein. Das gesamte Areal ist behindertengerecht gestaltet. Wird ein Rollstuhl benötigt, kann er bei vorheriger Anmeldung kostenlos ausgeliehen werden. Da Hunde in den Park nicht mitgenommen werden dürfen, gibt es zusätzlich eine kostenlose Unterbringung für die Vierbeiner.

Der Weltvogelpark Walsrode hat bis einschließlich den 01. November geöffnet.

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