Verteidigungsminister betont die Schlüsselrolle von Hilfsorganisationen in einer verlässlichen Krisenbewältigung
Hannover (redk). Angesichts zunehmender globaler Krisen und wachsender Herausforderungen für die Zivile Verteidigung fordert Verteidigungsminister Boris Pistorius eine engere und intensivere Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr, Hilfsorganisationen und weiteren Akteuren der Gesellschaft. In Hannover diskutierte der Minister am vergangenen Sonnabend mit Vertretern der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) über die Möglichkeiten einer stärkeren Vernetzung, um in künftigen Krisensituationen handlungsfähig zu bleiben.
„Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger sind nicht unverwundbar – das zeigen uns Naturkatastrophen infolge des Klimawandels und die Auswirkungen globaler Konflikte, wie wir sie derzeit erleben. Nach der ‚Zeitenwende‘ in der militärischen Verteidigung muss auch die zivile Seite unter Hochdruck nachziehen. Nur so können wir ein verlässliches Risikomanagement und eine effektive Krisenbewältigung gewährleisten – über alle Bereiche und Akteure hinweg“, erklärte Pistorius vor rund 200 Vertreterinnen und Vertretern von Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Hilfsorganisationen sowie Landes- und Kommunalbehörden.
Eine integrierte Gesamtverteidigung aufbauen
Der Minister machte deutlich, dass Deutschland angesichts der zunehmend komplexen Krisenlagen entschlossen handeln müsse: „35 Jahre ohne Kalten Krieg und akute Bedrohungslagen haben dazu geführt, dass wir nicht ausreichend in Verteidigung und Zivilschutz investiert haben. Doch die Realität zeigt uns, dass wir häufiger, schneller und auf variantenreiche Krisen reagieren müssen. Russland führt eine Kriegswirtschaft, Putin befiehlt hybride Angriffe gegen Europa, und der Krieg in der Ukraine geht bald in das vierte Jahr. Wir benötigen in Deutschland eine integrierte Gesamtverteidigung – und wir müssen sie ohne Angst und Alarmismus aufbauen. Dafür gilt es, in unserer Gesellschaft ein Bewusstsein zu schaffen.“
Die zentrale Rolle der Hilfsorganisationen
Neben den staatlichen Institutionen wie der Bundeswehr und den Sicherheitsbehörden spielen auch die Hilfsorganisationen eine unverzichtbare Rolle in der Krisenbewältigung. „Die Hilfsorganisationen sind Profis, wenn es um Erste Hilfe, Betreuung und Verpflegung geht. Sie haben die Erfahrung und die Strukturen, um schnell und effektiv Hilfe zu leisten“, betonte Thorsten Ernst, Bundesbeauftragter der Johanniter für zivil-militärische Zusammenarbeit.
Auch Prof. Dr. Stefan Birkner, Vizepräsident des DRK-Region Hannover, betonte die Notwendigkeit klarer Aufgabenverteilungen: „Hilfsorganisationen müssen ihre Rollen definieren und klären: Wer kann und darf was in welchen Krisensituationen übernehmen? Das ist unsere ganz konkrete Hausaufgabe.“
Verteidigungsminister Pistorius würdigte die Arbeit der Hilfsorganisationen mit klaren Worten: „Sie sind es gewohnt, flexibel und professionell auf neue Herausforderungen zu reagieren. Jetzt geht es darum, die Bundeswehr abschreckungsfähig zu stärken und die Hilfsorganisationen gleichzeitig mitzunehmen, auszurüsten und finanziell zu unterstützen.“
Übung und Ausbildung als Schlüssel zum Erfolg
Einigkeit herrschte bei allen Beteiligten darüber, dass eine enge Zusammenarbeit nur durch gemeinsames Handeln und kontinuierliche Übung erreicht werden kann. „Damit Hilfsorganisationen und Bundeswehr in einer Krise gut zusammenarbeiten können, müssen wir einander noch besser kennenlernen, gemeinsam ausbilden und vor allem: üben, üben, üben“, lautete die gemeinsame Einschätzung der Vertreter von JUH und DRK.
Die Bedeutung des Ehrenamts für die Zivile Verteidigung
Ein weiterer Schwerpunkt des Treffens war die Bedeutung des Ehrenamts. Minister Pistorius hob hervor: „Die breite und stabile Basis des ehrenamtlichen Engagements in Deutschland ist ein großes Pfund. Aber klar ist auch: Wir brauchen mehr ehrenamtlich Engagierte, als wir heute haben.“
Thorsten Ernst von den Johannitern forderte, das Thema Zivilschutz stärker in die Gesellschaft zu integrieren: „Das Thema Zivilschutz gehört in die Lehrpläne. Erste-Hilfe-Kenntnisse mit Selbstschutzinhalten sind nicht nur für die Unterstützung von Freunden und Familie wichtig, sondern auch in der Nachbarschaft. Diese Kenntnisse zu vermitteln, sollte so früh wie möglich beginnen, um die Resilienz der Bevölkerung zu stärken.“
Dank an die Ehrenamtlichen
Zum Abschluss des Treffens sprach Adis Ahmetovic, Bundestagsabgeordneter und stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss, den anwesenden Helferinnen und Helfern seinen Dank aus: „Mein Dank geht an Euch. Ihr leistet tausende Stunden ab, engagiert euch für eure Mitmenschen – das ist das Beste an unserem Land. Wenn es eng wird, ziehen wir an einem Strang – überparteilich, interfraktionell und geschlossen.“
Zivile Verteidigung als Teil der Gesamtverteidigung
Die Zivile Verteidigung bildet den nicht-militärischen Teil der Gesamtverteidigung und umfasst die Aufrechterhaltung von Staats- und Regierungsfunktionen, den Zivilschutz, die Versorgung der Bevölkerung sowie die Unterstützung der Streitkräfte. Angesichts der wachsenden Herausforderungen sollen die Gespräche zwischen Bundeswehr und Hilfsorganisationen künftig weiter intensiviert werden, um den Bevölkerungsschutz in Deutschland nachhaltig zu stärken.