Stadt legt Konzept vor, um die Situation rund um den Küchengarten und die Limmerstraße zu verbessern
Hannaover (pm). Der Küchengartenplatz und die Limmerstraße sind seit Jahren beliebte Treffpunkte für junge Menschen. Insbesondere in der wärmeren Jahreszeit und an den Wochenenden treffen sich dort regelmäßig mehrere hundert Personen bis tief in die Nacht. Das hat immer wieder zu Konfliktlagen mit Anwohner*innen geführt. Die Stadtverwaltung Hannover hat unter Einbindung der Polizei, der Region Hannover und dem Kollektiv 17 ein Konzept erarbeitet, um die Situation zu verbessern. Es soll ab dem Frühjahr 2022 greifen. Vorgesehen sind unter anderem mehr Kontrollen, das Eindämmen von Musiklärm sowie der Einsatz von Konflikt-Manager*innen. Finanz-und Ordnungsdezernent Dr. Axel von der Ohe begrüßt, dass es in einem dezernatsübergreifenden Prozess gelungen ist, Lösungsvorschläge für die entstandenen Konflikte zu erarbeiten. „Diese geplanten Maßnahmen sind eine Art Interessenausgleich und ich denke, der Spagat zwischen den Vorstellungen aller Nutzer*innen ist gelungen. Feiern und Spaß sollen nicht verboten werden, aber es müssen ganz eindeutig auch die Belange der Anwohner*innen berücksichtigt werden. Dafür schaffen wir einen Rahmen“ so von der Ohe.
Beschwerden von Anwohner*innen über Ruhestörungen und eine zunehmende Verschmutzung des öffentlichen Raums machten bereits in der Vergangenheit ordnungsbehördliche Interventionen erforderlich. So wurde ein privater Sicherheitsdienst beauftragt. Der städtische Ordnungsdienst setzte verstärkt Streifen ein.
Im vergangenen Jahr entwickelte sich der Bereich Küchengarten zusätzlich zur Limmerstraße zu einem Hauptanlaufpunkt für Partypublikum. Nicht zuletzt aufgrund der pandemiebedingten Schließung der lokalen Gastronomie und der Veranstaltungsstätten nahmen Partygänger*innen den öffentlichen Raum noch einmal stärker in Anspruch. Im Herbst 2021 war ein deutlich anwachsendes Konfliktpotential festzustellen. Die Belastung der Anwohner*innen verschärfte sich. Die Nutzer*innen des öffentlichen Raumes hinterließen dabei zunehmend Unrat, teilweise Sperrmüll und sogar gefährliche Abfälle in Form von Glasbruch.
Dieses Bündel von Maßnahmen sieht das nun vorgelegte Konzept vor:
Gemeinsame Streifen und abgestimmte Einsatzpläne: Bereits im Jahr 2017 hat die Stadt eine Kooperationsvereinbarung mit der Polizeidirektion Hannover unterzeichnet. Durch eine frühzeitige gegenseitige Unterrichtung, ein abgestimmtes Vorgehen und eine intensive Zusammenarbeit wollen die Sicherheitspartner eine bessere Wirkung einzelner Maßnahmen erreichen.
Die Polizei und der städtische Ordnungsdienst haben ihre Einsatzzeiten für den genannten Bereich abgestimmt. Es ist vorgesehen, dass künftig an den Wochenenden gemeinsame Streifen von Polizei und Ordnungsdienst in der Zeit vom frühen Abend bis 3 Uhr tätig sind.
Für den Küchengarten, die Limmerstraße und die angrenzenden Straßen und Wege sollen die Einsatzzeiten des Ordnungsdienstes im Rahmen eines Pilotversuchs von April bis Oktober 2022 in den Nächten von Freitag auf Sonnabend und von Sonnabend auf Sonntag ausgeweitet werden. Dafür werden vier Beschäftigte aus dem Ordnungsdienst bis 3 Uhr auf dem Küchengartenplatz und in den angrenzenden Bereichen gemeinsam mit der Polizei vor Ort sein.
Aktives Konfliktmanagement: Mithilfe der „LimmernLichter“ sollen Personen aktiv auf Regeln und persönliche Einstellungen anderer angesprochen und dafür sensibilisiert werden. Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen und einen transparenten und respektvollen Umgang miteinander zu ermöglichen und sexuell übergriffigem und diskriminierendem Verhalten entgegen zu wirken.
Das Kollektiv 17 hat erstmalig den Ansatz der Awareness und des Konfliktmanagements für die Limmerstraße und den Küchengarten aufgegriffen. Dabei werden divers besetze Teams von Awareness-Scouts ( „awareness“ bedeutet Bewusstsein oder Achtsamkeit) die Nutzer*innen der Orte von 21 Uhr bis 2 Uhr gezielt ansprechen und auf die Grenzen und Regeln der Nutzung des öffentlichen Raums aufmerksam machen. Außerdem werden sie zwischen den Anwohner*innen und den Nutzer*innen der Flächen vermitteln. Das Projekt soll von April bis Oktober 2022 durchgeführt und evaluiert werden.
Präsenz der Straßensozialarbeit und des gesetzlichen Jugendschutzes: Die Straßensozialarbeit der Landeshauptstadt wird regelmäßig präsent sein. Der gesetzliche Jugendschutz wird in den Abendstunden beim Verkauf von Alkohol Alterskontrollen an den Kiosken und Supermärkten des Einzugsgebietes durchführen.
Weniger Alkoholkonsum: Gegenüber fünf Kiosken hat die Region Hannover nächtliche Alkoholverkaufsverbote im Sommerhalbjahr angeordnet. Im nahen Supermarkt konnten sich die Feiernden aber weiterhin alkoholische Getränke besorgen und an den benannten Plätzen verzehren. Um eine gerechte Regelung für den Alkoholverkauf und nach Möglichkeit auf Freiwilligkeit basierende Regelung zu treffen, wird im Februar ein Austausch zwischen den Kiosken, den Supermarktbetreiber*innen unter Federführung des Ordnungsdezernats der Stadt Hannover stattfinden. Ziel ist es, zu sondieren, inwieweit sich ein Konsens herstellen lässt, den Alkoholverkauf einzuschränken.
Ein generelles Alkoholverkaufsverbot oder Alkoholverzehrverbot soll zum aktuellen Zeitpunkt nicht erlassen werden. Der Gesetzgeber macht ein Alkoholkonsumverbot bei regionaler Begrenzbarkeit möglich. Dieses könnte jedoch allenfalls eine „ultima ratio“ für den Küchengartenplatz darstellen, falls sich die Lage im Laufe des Jahres noch einmal zuspitzt.
Einzug von mobilen Lautsprecherboxen: Die Stadtverwaltung hat eine Handlungsanweisung zur Einziehung der Musikboxen bei störendem Lärm erarbeitet. Die eingezogenen Musikboxen können gegen eine Verwaltungsgebühr im Fundbüro ausgelöst werden.
Sollte die Handlungsanweisung keine Verbesserung der Lärmsituation bewirken, wird zur Sicherstellung der Nachtruhe eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der der Betrieb der Boxen generell verboten wird. Die Anzeigenaufnahme wegen unzulässigen Lärms ist unabhängig davon schon jetzt nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz möglich.
Sauberkeit: Mit der zunehmenden Nutzung des Küchengartens, der Limmerstraße sowie der angrenzenden Straßen stiegen die Mengen an Abfall, illegalem Müll, Glasbruch und Unrat in dem Areal. Gemeinsam mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft der Region Hannover (aha) und dem Kollektiv 17 sind Aktionen geplant, um die Nutzer*innen zu sensibilisieren. So sollen im Frühjahr und Sommer 2022 Bodenhinweise zu Abfallbehältern mit farblicher Gestaltung angebracht werden. Auch die Abfallbehälter selbst sollen mit lokalen Botschaften versehen werden, die gemeinsam mit dem Kollektiv 17 erarbeitet werden. An Brennpunkten, an denen viel Fastfood-Müll anfällt, sollen spezielle Abfallbehälter für Pizza-Verpackungen zusätzlich aufgestellt werden, um reguläre Abfallbehälter zu entlasten. Damit feiernde Personen eventuellen Glasbruch selbst beseitigen können, werden Kehrgarnituren vorgehalten.
Erweiterte Öffnungszeiten der Toilette auf dem Küchengarten: Ein häufiger Beschwerdegrund von Anwohner*innen ist das Urinieren vor und in Hauseingängen. Eine Verfolgung von Urinierenden ist in dunklen Hauseingängen selten möglich. Eine fest installierte Toilette auf dem Küchengarten musste häufig aufgrund von Vandalismusschäden außer Betrieb genommen werden. Zuletzt war sie regelmäßig im Zeitraum von 8 bis 22 Uhr geöffnet.
Um dem wilden Urinieren entgegen zu wirken, werden die Öffnungszeiten für die Toilette auf dem Küchengartenplatz am Wochenende auf 3 Uhr nachts ausgeweitet. Regelmäßige Kontrolle in den Abendstunden durch die Awareness-Scouts sowie den Ordnungsdienst sind geplant. Sofern die Kapazitäten der festen Toilette nicht genügen, wird die Aufstellung mobiler Toiletten, die gegen Umkippen gesichert sind, vorgesehen.
Öffentlichen Raum gezielt für junge Menschen anbieten: Junge Menschen benötigen öffentlichen Raum als wesentlichen Lernort bei ihrer Sozialisation und Identitätsbildung. Im Jahr 2021 führten Ansammlungen von jungen teils feiernden Menschen in Wohngebieten zu verschärften Problemlagen. Aus dieser Situation heraus bildeten sich mehrere Bürger*inneninitiativen. Kleine Clubs fürchten wiederum seit der Pandemie um ihre Existenz, da sie unter Einhaltung der Corona-Auflagen keinen wirtschaftlichen Betrieb sicherstellen können. Die Verwaltung prüft nun, wie sie geeignete Flächen im Stadtbezirk Linden-Limmer für junge Menschen anbieten kann.
In Frage kommen nach ersten Abstimmungsgesprächen verschiedene Flächen im Stadtteil Linden-Nord im näheren Umfeld. In einem nächsten Schritt werden die Flächen bewertet.
Regelmäßiger Austausch: Um die Situation zu verbessern, müssen die in der Arbeitsgruppe entwickelten Maßnahmen ineinandergreifen und gleichzeitig Wirkung entfalten. Deshalb soll es während der Durchführungsphase weitere regelmäßige Termine mit der Polizei, den diversen Stadtverwaltungsstellen und weiteren externen Kooperationspartner*innen geben.