Bundesministerin Schulze begrüßt Städtekooperation und schnelle Hilfsleistungen
Hannover (pm). Die Not in Mykolajiw ist groß: Die vom russischen Angriffskrieg schwer getroffene ukrainische Stadt erhält jetzt Hilfe aus Hannover. Ein erster Hilfstransport wird voraussichtlich am Freitag, 16. September in Mykolajiw ankommen. Eine weitere Lieferung, die auch dringend benötigte Nutzfahrzeuge umfasst, folgt in einigen Wochen.
Belit Onay, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, und sein Amtskollege Oleksandr Synkevych, Bürgermeister von Mykolajiw, unterschrieben an diesem Donnerstag, 15. September, im Neuen Rathaus gemeinsam eine Absichtserklärung und besiegelten damit die Solidaritätspartnerschaft zwischen den beiden Städten. Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze, begrüßte die Städtekooperation und die gezielte, bedarfsorientiere Hilfe aus Hannover.
Den ersten Hilfstransport mit vierzig Tonnen Ladung, darunter Babynahrung und Babyartikel, Medikamente, technische Geräte und Lebensmittel, hatte die Stadt Hannover in Kooperation mit dem Ukrainischen Verein Niedersachsen e.V. in der vergangenen Woche auf den Weg geschickt. Er hat bereits die Grenze passiert und wird in Kürze in Mykolajiw eintreffen. Die Hilfsgüter sind Spenden aus unterschiedlichen Fachbereichen der Stadtverwaltung, den städtischen Beteiligungsgesellschaften Enercity und Hanova sowie Unternehmen aus der Region Hannover.
„Wir wollen jetzt und unmittelbar einen aktiven Beitrag leisten, um die durch den russischen Angriffskrieg entstandene humanitäre Krise in Mykolajiw zu lindern. Das wird möglich durch die vielen Spenden aus Stadtverwaltung, Stadtgesellschaft und lokaler Wirtschaft. Ein herzliches Dankeschön für dieses große Zeichen der Solidarität. Die Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Solidaritätspartnerschaften zwischen Städten zu fördern und zu unterstützen, ist genau der richtige Weg, um schnelle und praktische Hilfe bereitzustellen,“ betonte Onay. „Der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung der Städte über die Landesgrenzen hinweg spielt eine wichtige Rolle, um die Kriegsfolgen zu bewältigen und die demokratische Ordnung in Europa zu verteidigen. Wir stehen jetzt und in der Zukunft an der Seite von Mykolajiw und möchten den Grundstein für eine langfristig angelegte Freundschaft zwischen unseren Städten legen“, unterstrich Onay.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze erklärte: „Immer mehr deutsche und ukrainische Kommunen verbinden sich mit konkreten Städtekooperationen. Das ist ein deutliches Zeichen der Solidarität. Deutsche Kommunen wie Hannover helfen jetzt ganz konkret mit Hilfslieferungen und bei der Aufnahme geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Putin setzt darauf, dass wir Europäer irgendwann müde werden und der Zusammenhalt schwindet. Umso wichtiger ist es, dass wir ihm Tag für Tag das Gegenteil beweisen. Und dieses Engagement wird auch langfristig gebraucht: Denn mit dem Wiederaufbau der Ukraine liegt eine Mammutaufgabe vor uns, bei der wir viele Mitstreiter und viel Expertise brauchen.“
Die Stadt Hannover plant, mit der nächsten Hilfslieferung technisches Material und abgeschriebene kommunale Nutzfahrzeuge der Stadtverwaltung – beispielsweise ein Kanalspülfahrzeug der Stadtentwässerung, zwei Rettungswagen der Feuerwehr und verschiedene Fahrzeugen des Fachbereichs Umwelt und Stadtgrün und der Städtischen Häfen – nach Mykolajiw zu schicken. Zudem wird die Stadt Hannover zwei weitere Nutzfahrzeuge für Mykolajiw bekommen, die über ein Programm der GIZ und des Deutschen Städtetags zur Verfügung gestellt werden. Die nächste Hilfslieferung soll im Herbst starten.
„Hannover ist die erste deutsche Stadt, mit der Mykolajiw eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet hat. Das ist eine große Ehre und Verantwortung für uns. Ich danke Hannover und Oberbürgermeister Belit Onay aufrichtig für die Unterstützung unserer Stadt und der gesamten Ukraine in unserem Kampf für europäische Werte und eine demokratische Zukunft“, sagte Oleksandr Synkevych, Bürgermeister von Mykolajiw im Rahmen der Veranstaltung. „Ich weiß, dass Hannover heute eine große Zahl von Ukrainer*innen beherbergt, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen. Wir werden uns immer an Ihre Fürsorge und Ihre offenen Herzen erinnern. Ich hoffe, dass wir nach dem Ende des Krieges viele Projekte gemeinsam umsetzen und dass unsere Zusammenarbeit eine wichtige Grundlage für die Entwicklung beider Städte sein wird“, so Synkevych weiter.
Die im Süden der Ukraine zwischen Cherson und Odessa gelegene Stadt Mykolajiw ist mit ihren 480.000 Einwohner*innen als strategischer Hafen und wichtige Industriestadt von den Angriffen Russlands stark betroffen. Rund die Hälfte der Einwohner*innen sind noch vor Ort und stehen unter täglichem Beschuss. Die Frontlinie verläuft nur etwa 25 Kilometer von Mykolajiw entfernt. Die zivile Infrastruktur ist weitgehend beschädigt und die zentrale Wasserversorgung wurde zerstört. Seitdem werden verstärkt Fahrzeuge zur Evakuierung und Versorgung der Bevölkerung sowie zur Schadensbeseitigung eingesetzt.
Die humanitäre Not ist auch deshalb so groß, weil bereits mehr als 3500 Gebäude zerstört sind. Es besteht ein dringender Bedarf an Spezialausrüstung, um die Folgen von Beschuss und Zerstörung zu bewältigen. Die Menschen aus Stadt und Region, die ihre Häuser verloren haben, werden teilweise in Kindergärten untergebracht. Die größten Herausforderungen sind derzeit vor dem nahenden Winter die Heizungs- und auch die Trinkwasserversorgung.
Wissenswert:
Die Solidaritätspartnerschaft Hannovers mit Mykolajiw ist darauf ausgerichtet, gezielte und bedarfsorientierte Hilfe in der südukrainischen Kommune zu leisten. Anders als eine traditionelle Städtepartnerschaft, die auf einem breiten inhaltlichen Themenspektrum aufbaut, soll die Solidaritätspartnerschaft zunächst praktische Unterstützung in der Notsituation ermöglichen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert solche Partnerschaften, zum Beispiel in Form der Beschaffung von Nutzfahrzeugen für Kommunen oder finanzieller Unterstützung beispielsweise für die Beschaffung von Hilfsgütern durch Kommunen. Die Stadt Hannover bemüht sich derzeit um diese Fördermittel.
Hannover will damit einen aktiven Beitrag zur Bewältigung der durch den russischen Angriffskrieg entstandenen humanitären Krise leisten. Neben der Solidaritätspartnerschaft mit der südukrainischen Stadt Mykolajiw, will die niedersächsische Landeshauptstadt gezielt Hilfsprojekte zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Hannover finanziell unterstützen sowie die Zusammenarbeit mit betroffenen hannoverschen Partnerstädten stärken – vor allem mit der polnischen Stadt Poznan, die viele Geflüchtete aufgenommen hat. Die Initiative basiert auf einem Ratsbeschluss der Landeshauptstadt Hannover vom 30. Juni dieses Jahres.