
Zahl schwerer Vergiftungen steigt – Expertinnen und Experten raten zu mehr Vorsicht
Hannover (pm/redk). Die Pilzsaison hat begonnen – doch mit ihr steigt auch die Zahl der gefährlichen Verwechslungen. Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) warnt eindringlich vor dem Verzehr von selbst gesammelten Pilzen: Aktuell häufen sich Fälle lebensbedrohlicher Pilzvergiftungen, insbesondere durch den hochgiftigen Knollenblätterpilz.
Allein im laufenden Monat mussten zwei Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Symptomen in der MHH behandelt werden. Beide konnten dank rechtzeitiger Gabe eines Gegengifts auf der Überwachungsstation stabilisiert werden.
„In den Heimatländern der Betroffenen ist der Knollenblätterpilz weniger verbreitet. Hier in Deutschland wird aufgrund von Unkenntnis die Gefahr des Pilzesammelns oft nicht ausreichend ernst genommen“, erklärt Professor Dr. Richard Taubert, Bereichsleiter Transplantationshepatologie. Die Mehrheit der Betroffenen stammt aus Ländern wie Russland, der Ukraine, aus dem Nahen Osten und Afghanistan.
Knollenblätterpilz: Verwechslung mit essbaren Arten kann tödlich enden
Der Knollenblätterpilz zählt zu den giftigsten Pilzarten Deutschlands und verursacht etwa 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen. Besonders tückisch: Erste Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall zeigen sich oft erst viele Stunden nach dem Verzehr – dann ist das Gift bereits im Körper verteilt.
„Im schlimmsten Fall stellt die Leber ihre Funktion ein, so dass nur noch eine Lebertransplantation das Leben der Patienten retten kann“, warnt Professor Taubert. Die Vergiftung kann zusätzlich zu Blutgerinnungs- und Nierenfunktionsstörungen führen.
Fachkundige Beratung schützt Leben
Die MHH rät dringend, Pilze vor dem Verzehr von geprüften Pilzsachverständigen bestimmen zu lassen. Das Giftinformationszentrum-Nord empfiehlt außerdem den Besuch von Schulungen der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, um die Artenkenntnis sicher zu verbessern. Von der alleinigen Nutzung von Apps oder Pilzbüchern zur Pilzbestimmung wird abgeraten.
Bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung sollte sofort der Notarzt verständigt werden. Für die ärztliche Diagnose hilfreich sind aufbewahrte Pilzreste und Erbrochenes. Die Behandlung mit einem Antidot beginnt bereits bei bloßem Verdacht. Eine Laboranalyse des Urins bestätigt anschließend das Vorliegen des Pilzgifts.
Saison für Knollenblätterpilze: August bis Oktober
Der Knollenblätterpilz wächst typischerweise in Laub- und Mischwäldern zwischen August und Oktober. Er hat einen drei bis 15 Zentimeter breiten, glockig bis schirmartig ausgebreiteten Hut, weiße Lamellen und eine grünliche bis weißliche Färbung – Merkmale, die leicht mit harmlosen Pilzarten verwechselt werden können.
Rund um die Uhr erreichbar ist das Giftinformationszentrum-Nord unter der Telefonnummer (0551) 19240 – im Notfall eine lebensrettende Anlaufstelle.









