Ronja hilft, ins Gespräch zu kommen

Monika Hartung erzählt ihre Geschichte. Die gelernte Erzieherin kümmert sich seit fünf Jahren ehrenamtlich neben ihrer beruflichen Arbeit um Kinder, deren Schwester oder Bruder unheilbar krank sind.
Monika Hartung erzählt ihre Geschichte. Die gelernte Erzieherin kümmert sich seit fünf Jahren ehrenamtlich neben ihrer beruflichen Arbeit um Kinder, deren Schwester oder Bruder unheilbar krank sind. - Quelle: hannovercontex / ASB

Tag der Kinderhospizarbeit am 10. Februar

Hannover (pm). „Hallo! Ich heiße Ronja. Und ich muss euch was erzählen….“ Wenn Ronja, die rothaarige Klappmaulpuppe, – mit Hilfe von Marion Hartung – zum Leben erwacht, dann strahlen Kinderaugen. Dabei geht es um mehr als nur ein lustiges Spiel. „Ronja hilft mir, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen“, sagt Marion Hartung. „Sie brauchen jemanden, mit dem sie über ihre Gefühle reden können. Sonst beginnt das Kopfkino und sie bleiben allein mit ihren Problemen.“ Die Probleme, von denen sie spricht, sind keine alltäglichen. Monika Hartung, gelernte Erzieherin, kümmert sich seit fünf Jahren ehrenamtlich neben ihrer beruflichen Arbeit um Kinder, deren Schwester oder Bruder unheilbar krank sind – oder, wie es im Amtsdeutsch heißt, an einer „lebensverkürzenden Krankheit“ leiden. Etwa 50.000 Kinder und Jugendliche leben in Deutschland mit dieser Diagnose; etwa 50.000 Familien werden von diesem Schicksal aufgerieben. Sobald die Diagnose gestellt wurde, kann die Unterstützung ambulanter Hospizdienste in Anspruch genommen werden. Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst des ASB, für den Marion Hartung nach Feierabend oder am Wochenende unterwegs ist, bietet Entlastung und Hilfe an – der gesamten Familie, auch den Geschwisterkindern.

Karsten (Name geändert) ist einer von ihnen. Der Junge war acht Jahre alt, als Marion Hartung ihn zum ersten Mal traf. Karstens älterer Bruder, der mittlerweile gestorben ist, litt von Geburt an unter einer seltenen Erbkrankheit namens Osteosklerose (Marmorknochenkrankheit). Drei Jahre lang besuchte sie Karsten einmal die Woche. Sie spielten mit den Monstergefühlskarten, kochten gemeinsam, machten Fahrradausflüge in die Umgebung oder gingen ins Schwimmbad, wo Karsten irgendwann sogar den Mut fasste, vom Einmeterbrett zu springen. „Die Kinder bestimmen, was sie unternehmen wollen“, sagt Hartung. Ziel sei es, das Selbstbewusstsein der Kinder zu fördern. Sie zu bestärken, Fragen zu stellen und Gefühle zuzulassen, die sie häufig zu Gunsten des kranken Kindes in der Familie zurückstellen müssen. Letztlich gehe es um die kleinen Dinge, zu denen Karstens Eltern kaum Zeit fanden, da die Pflege des Älteren sie extrem belastete und trotz Unterstützung auch schon mal überforderte.

Tag der Kinderhospizarbeit am 10. Februar

Ehrenamtliche Familienbegleiterinnen wie Marion Hartung werden intensiv geschult. Ein halbes Jahr lang besuchte sie 2017 einen sogenannten Qualifikationskurs, den der Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst des ASB anbietet. 31 Mitarbeiterinnen zählt der Dienst heute; 16 pausieren aus unterschiedlichen persönlichen Gründen, 15 sind aktuell aktiv in etwa zehn Familien. Wie viele Ehrenamtliche brachte auch Marion Hartung reichlich Vorerfahrung mit. Die 55-jährige Hannoveranerin ist nicht nur Erzieherin; vor vier Jahren hat sie eine traumapädagogische Fortbildung in Worpswede absolviert; zudem ist sie Trauerbegleiterin.
Wichtig ist ihr, das Sterben und den Tod zu enttabuisieren. „Wir haben verlernt, mit diesen schwierigen Seelenlagen umzugehen.“ Aber sie sei zuversichtlich, dass sich dies gerade wieder ändere. Zum Guten. Auch dank der Hospizbewegung und einer Erfindung wie der alljährliche Tag der Kinderhospizarbeit am 10. Februar.

2006 fand er zum ersten Mal statt. „Wir wollen mit diesem Tag die Kinderhospizarbeit so bekannt machen wie Kindergärten“, hieß es damals vom Vorstand des Deutschen Kinderhospizvereins. 16 Jahre später mag das Ziel noch nicht hundertprozentig erreicht sein, aber der Tag ist zu einer festen Institution geworden. Bundesweit finden regelmäßig Aktionen und Veranstaltungen statt. Dieses Jahr wegen Corona überwiegend in den Sozialen Medien und per Video. Und die Bewegung hat an Kraft gewonnen, auch an ehrenamtlicher. 18 Kinder und Jugendhospize sowie rund 150 ambulante Dienste gibt es heute bundesweit. Die ambulanten Dienste müssen sich weitgehend über Spenden finanzieren; die Krankenkassen erstatten nur einen geringen Teil der Kosten. „Es fehlt noch immer an Wertschätzung dieser Arbeit“, sagt Marion Hartung. Sie hält eine solide staatliche Finanzierung für überfällig.

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