Hannover (pm). Mit der Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus werden die in der Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 25. November 2020 für Niedersachsen umgesetzt. Die Verordnung ist wie in § 28 a Absatz 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgeschrieben mit einer Begründung versehen.
Die Entwicklung der Pandemie in den vergangenen Wochen übertrifft die Entwicklung im Frühjahr dieses Jahres erheblich. Niedersachsen befindet sich nach wie vor bei den täglichen Neuinfektionen auf einem hohen Plateau. Zwar konnte die exponentielle Steigerung der Infektionszahlen abgeschwächt werden, die Gesamtzahl liegt jedoch mit aktuell rund 19.500 mit dem Coronavirus infizierten Personen immer noch sehr hoch. Waren in der ersten Septemberwoche in Niedersachsen noch 40 Menschen über 60 Jahre infiziert, waren es in der letzten Woche des Oktobers bereits 800 Personen in dieser Altersgruppe. Aktuell sind mehr als 1500 Personen über 60 Jahre infiziert. Mit der Zunahme der Infektionen gerade bei Älteren ist aber auch das erhöhte Risiko besonders schwerer Erkrankungen verbunden.
Nach wie vor steigt die Zahl der aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus stationär behandlungsbedürftigen Patienten an. Und es hat sich gezeigt, dass bei schweren Krankheitsverläufen eine Behandlung im Krankenhaus und dort gegebenenfalls auf einer Intensivstation in der Regel nicht vor dem 10. bis 14. Tag nach der Infektion notwendig wird.
Daher kann mit der Anordnung der Fortdauer der schon für November verhängten einschneidenden Maßnahmen und mit ihrer punktuellen Verschärfung nicht abgewartet werden, bis ein Großteil der zur Verfügung stehenden Krankenhaus- und Intensivbetten belegt ist. Auch nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (in den Beschluss vom 11.11.2020 – 13 MN436/20) ist es zwingend geboten, dass der Staat die Dynamik der Infektionen schnell und wirksam durchbricht und gravierende zusätzliche Schäden vermeidet.
Entscheidendes und wirksames Mittel dafür ist die Reduzierung der Kontakte der Menschen untereinander. Aus diesem Grund werden die bereits für November verhängten Kontaktreduzierungen weiter fortgeschrieben und in einzelnen Bereichen verschärft.
Hier die wesentlichen Änderungen in der Corona-Verordnung im Überblick:
1. § 2 Absatz 1 – Vom 1. Dezember 2020 an darf sich jeder Person in der Öffentlichkeit (also außerhalb der eigenen Wohnung) nur mit Personen die dem eigenen oder einem weiteren Hausstand angehören treffen. Die Gesamtzahl der zusammenkommenden Personen darf die Zahl 5 nicht überschreiten, wobei Kinder unter 14 Jahren nicht eingerechnet werden. Für Angehörige im Sinne des § 11 Abs. 1 Nummer 1 Strafgesetzbuches ist die Hausstandszugehörigkeit nicht maßgeblich.
Das bedeutet, dass ich in jedem Fall nicht mehr als fünf Erwachsene gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen. Kinder unter 14 Jahren können hinzukommen. Die Kinder und Erwachsenen dürfen höchstens aus zwei Haushalten kommen.
Die Begrenzung auf zwei Haushalte ist nur für Angehörige im Sinne des Strafgesetzbuches ausgenommen, also für Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, Pflegeeltern und Pflegekinder. Auch für Angehörige über 14 Jahren gilt jedoch die Höchstzahl von 5 Personen.
2. § 2 Absatz 1a – Eine besondere Regelung gilt für Weihnachten und Sylvester: In der Zeit vom 23. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 1. Januar 2021 darf man sich in der Öffentlichkeit außerhalb der eigenen Wohnung mit bis zu zehn Personen aufhalten. Kinder unter 14 Jahren sind in diese Maximalzahl von 10 Personen nicht einzurechnen. In dieser Zeit wird die Begrenzung auf zwei Haushalte oder auf nahe Angehörige aufgehoben. Man kann also auch mit Familienangehörigen oder mit Freunden aus drei oder mehr Haushalten Weihnachten oder Sylvester feiern unter einhalten der Obergrenze von bis zu zehn Erwachsenen. Damit sind Feste im Kreise von Familie und Freunden im kleineren Rahmen möglich.
3. § 3 Absatz 1 Satz 1 – Erweitert wird ab dem 1. Dezember 2020 der Bereich, in dem eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen ist: Die Alltagsmaskenpflicht trifft jetzt nicht mehr nur geschlossene Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, sondern auch die vor den betreffenden Räumen liegenden Eingangsbereiche und die zugehörigen Parkplätze. So sollen die gegebenenfalls dort wartenden oder sich dort begegnenden Personen geschützt und das Infektionsrisiko gesenkt werden.
4. § 3 Abs. 1 Satz 3 – Der neu angefügte Satz 3 sieht auch für Arbeits- oder Betriebsstätte die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vor. Von Anfang Dezember an muss also in jedem Unternehmen und in jeder Behörde eine Alltagsmaske getragen werden, es sei denn, man befindet sich an seinem Arbeitsplatz und kann dort zu allen anderen Personen den Mindestabstand von 1,5 m einhalten. Eine weitere Ausnahme gilt für Personen, bei denen die Art der Tätigkeit das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht zulässt.
5. § 3 Abs. 2 – Neu ist auch eine generelle Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an allen Örtlichkeiten unter freiem Himmel, an denen das Infektionsrisiko durch die Möglichkeit der Begegnung mit einer Vielzahl vom Menschen erhöht ist. In der bisherigen Verordnung war diese Pflicht bereits enthalten, sie galt jedoch nur in Landkreisen und kreisfreien Städte mit einer Inzidenz von mehr als 35/100.000 in 7 Tagen. Damit gilt die Alltagsmaskenpflicht jetzt überall dort, wo Menschen sich entweder auf engem Raum, wie zum Beispiel in sehr engen Bereichen von Fußgängerzonen, oder nicht nur vorübergehend aufhalten.
Damit diese Örtlichkeiten klar erkennbar sind, werden sie ebenso wie die Dauer oder der Zeitraum der Pflicht durch die Landkreise und kreisfreien Städte durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügung festgelegt.
6. § 5 Abs. 1 Sätze 3 ff – Die Regelungen zur Erhebung-, Aufbewahrung und Weitergabe der Kontaktdaten sind präzisiert worden.
7. § 6 Abs.1 – Vom 1. Dezember 2020 an sind Zusammenkünfte und Feiern mit Personen aus dem eigenen und einem weiteren Hausstand nur noch bis zur Höchstgrenze von fünf Personen zulässig. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen.
Beibehalten bleibt das sog. Angehörigenprivileg. Das bedeutet, dass die Begrenzung auf zwei Haushalte nicht greift bei nahen Angehörigen. Aber auch für nahe Angehörige, also für Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Ehegatten, Lebenspartner, Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, Pflegeeltern und Pflegekinder über 14 Jahren gilt die zahlenmäßige Begrenzung auf 5 Personen.
Natürlich ist es unproblematisch, wenn in einem Haushalt mehr als Personen über 14 Jahren wohnen (größere Familie oder Wohngemeinschaft). Sobald aber bereits fünf oder mehr Personen aus einem Haushalt anwesend sein, können keine weiteren Personen dazu eingeladen werden. Eine Zusammenkunft mit Menschen von außerhalb des eigenen Haushaltes ist dann nur zulässig, wenn einige der im eigene Hausstand wohnenden Menschen bei dieser Zusammenkunft nicht dabei sind. Die Zahl 5 ist für alle über 14-jährigen die Obergrenze.
Das gilt für alle privaten Räumlichkeiten, wie in die eigene Wohnung oder andere eigene geschlossene Räumlichkeiten, aber auch für auf eigenen oder privat zur Verfügung gestellten Flächen unter freiem Himmel (Gärten oder Höfe). Umfasst sind auch Räumlichkeiten außerhalb des eigenen Wohnumfeldes, also beispielsweise Dorfgemeinschaftshäuser.
8. § 6 Absatz 1a – Abweichend von § 6 Absatz 1 sind private Zusammenkünfte und Feiern im Sinne in der Zeit vom 23. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 1. Januar 2021 mit bis zu zehn Personen, unabhängig von deren Zugehörigkeit zu einem Hausstand, zulässig. Auch hier werden Kinder unter 14 Jahren nicht eingerechnet.
9. § 9 Absatz 1 – Die Regelung in § 9 Absatz 1 trägt Artikel 4 GG Rechnung und gestattet es Religionen, Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften, ihre Zusammenkünfte abzuhalten. Für den Dezember ist klargestellt, dass auch Freiluftgottesdienste und ähnliche religiöse Veranstaltungen zulässig sind.
10. § 10 Abs.1 Ziffer 2 am Ende – Hier ist die Schließung von Gastronomiebetrieben geregelt, von der an sich nur der Außer-Haus-Verkauf ausgenommen ist. In Gastronomiebetrieben auf Rastanlagen und Autohöfen besteht jedoch ab dem 1. Dezember 2020 neben dem Außer-Haus-Verkauf für Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer (und nur für diese) die Möglichkeit der Bewirtung. Hintergrund ist, dass ist der LKW-Verkehr für die Versorgung der Bevölkerung ein unverzichtbarer Teil der Logistik ist. Für die hier arbeitenden Menschen sollen gute Bedingungen für Ruhe- und Pausenzeiten sichergestellt werden.
11. § 10 Absatz 2 Satz 1 – In dieser Vorschrift ist das Verbot touristischer Übernachtungen geregelt. Hier sind im Verordnungstext keine Änderungen vorgenommen worden, es gibt aber eine Klarstellung in der Begründung: Dort heißt es ausdrücklich, dass eine Übernachtung, die nicht einem touristischen Zweck dient, sondern einem notwendigen Zweck, zulässig. Notwendige Zwecke, so ausdrücklich der Hinweis in der Begründung sind nicht nur die Teilnahme an Fortbildungen, sondern auch Familienbesuche an Feiertagen. Da sich die besondere Regelung in § 6 Abs. 1a (Zusammenkünfte bis zu 10 Personen unabhängig vom Hausstand) nicht nur auf Familienmitglieder, sondern auch auf den Freundeskreis bezieht, sind auch Übernachtungen von engen Freunden im direkten Zusammenhang mit der Teilnahme an Weihnachts- oder Silvesterfeiern als ‚nicht-touristische‘ Übernachtungen zulässig.
12. § 13 Abs. 3 – Durch die hier geregelte Maßgabe, dass für jeden Kunden in Betrieben mit bis zu 800 m² Verkaufsfläche 10 Quadratmeter Verkaufsfläche und in Betrieben mit größerer Verkaufsfläche in Bezug auf die 800 m² übersteigende Verkaufsfläche je Kunde 20 m² Verkaufsfläche zur Verfügung stehen müssen, soll sichergestellt werden, dass Kunden den Mindestabstand zueinander auch tatsächlich einhalten können.
Hier ein Berechnungsbeispiel: Bei einer Verkaufsfläche von 1 000 m² sind 90 Kunden zulässig (rechnerisch: 80 Kunden auf 800 m² plus 10 Kunden auf den weiteren [800 m² übersteigenden] 200 m²).
Für Einkaufszentren ist zur Berechnung der nach Satz 1 maßgeblichen Verkaufsfläche die Summe aller Verkaufsflächen in der Einrichtung zugrunde zu legen. Für Einkaufszentren und die Betriebe des Einzelhandels in diesen Einkaufszentren sind im Rahmen des Hygienekonzepts abgestimmte Maßnahmen zu treffen, die der Vermeidung von Warteschlangen dienen.
13. § 10 a – Zur Vermeidung von Ansammlungen von Menschen sind Feuerwerke auf belebten öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen sowie auf sonstigen öffentlich zugänglichen Flächen untersagt. Die Landkreise und kreisfreien Städte legen die Flächen, für die dieses Verbot gilt, durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügung fest. Ausdrücklich verboten ist auch das Veranstalten von Feuerwerken für die Öffentlichkeit.
14. §§ 11 bis 13 – Die in den §§ 11 bis 13 vorgenommenen Änderungen hat das Kultusministerium gestern bereits in einer gesonderten Presseinformation erläutert.
15. § 14 Abs. 1 Satz 2 am Ende – Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 darf Besuch nicht empfangen werden, wenn es in der Einrichtung ein aktuelles SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen gibt. Dieses Verbot dient dem Schutz bedeutender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner der vorgenannten Einrichtungen, den Mitarbeitenden in diesen Einrichtungen aber auch den Besuchenden. Vom 1. Dezember 2020 an erstreckt sich dieses Besuchsverbot jedoch ausdrücklich nicht mehr auf die seelsorgerische Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner.
Ein aktuelles SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen liegt dann vor, wenn durch Testung festgestellt ist, dass mindestens eine Bewohnerin oder ein Bewohner oder eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Einrichtung mit SARS-CoV-2 infiziert ist.
Die Änderungsverordnung, mit der die Corona Verordnung und die Quarantäneverordnung geändert werden, tritt am 30. November 2020 in Kraft. Abweichend davon treten alle auf dem Beschluss der Regierungscheffinnen und Regierungschefs und der Bundeskanzlerin beruhenden inhaltlichen Änderungen erst am 1. Dezember 2020 in Kraft.