Praxistraining unter freiem Himmel: Rettung lernen im Gelände

Johanniter-Akademie erprobt innovative Outdoor-Szenarien in der Notfallsanitäter-Ausbildung
Johanniter-Akademie erprobt innovative Outdoor-Szenarien in der Notfallsanitäter-Ausbildung. - Foto: Johanniter

Johanniter-Akademie erprobt innovative Outdoor-Szenarien in der Notfallsanitäter-Ausbildung

Hannover/Hameln (pm/redk). Mit einem umfassenden Konzept hat die Johanniter-Akademie am vergangenen Wochenende (28.–30. März) erstmals eine dreitägige neue Lernsituation für ihre derzeit 19 angehenden Notfallsanitäterinnen und -sanitäter im dritten Ausbildungsjahr getestet. Unter dem Motto „Kein Tag wie jeder andere“ wurden dazu in der für vielfältige Szenarien ausgestatteten RescueArena in Aerzen bei Hameln verschiedene Skills und Szenarien geübt.

Realitätsnahes Training im Gelände

Im Anschluss trainierten die Teilnehmenden unter realen Outdoor-Bedingungen im Hamelner Forst auf dem Klüt. Dabei mussten sie im Sinne einer situationsgerechten und sicheren Rettung unter anderem das Gelände und die Bodenbeschaffenheit sondieren, markante Punkte zur Orientierung erkennen und entscheiden, mit welchen technischen Mitteln und weiteren Kräften eine erfolgreiche medizinische Rettung möglich ist. Ihre frisch erworbenen Fähigkeiten aus dem Gruppenführerlehrgang für den Rettungsdienst konnten sie dabei direkt anwenden.

Vielschichtige Anforderungen an die Einsatzkräfte

Konstantinos Lazaridis, Fachlehrer Rettungsdienst an der Johanniter-Akademie und wesentlich am Konzept beteiligt, fasst die komplexen Ziele der Übung zusammen: „Der Rettungsdienst stellt Notfallsanitäterinnen und -sanitäter vor unterschiedlichste Herausforderungen, sie müssen aus zahlreichen Situationen retten können. Dieses Outdoor-Szenario ermöglicht uns besondere Schulungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten unter realitätsnahen Bedingungen. Das beginnt mit der Kommunikation im Team oder mit anderen beteiligten Institutionen wie der Feuerwehr und ehrenamtlichen Bevölkerungsschutzeinheiten, erstreckt sich über den Einsatz von GPS, Karte und Kompass, die Geländekunde und letztendlich die Einschätzung und Taktiken für eine in der jeweiligen Situation bestmögliche Rettung.“

Als konkrete Herausforderung mussten sich die Auszubildenden in unübersichtlichem Gelände zielsicher orientieren, um den „Verunfallten“ zügig zu finden. Dabei sollten gegebenenfalls die Bodenbeschaffenheit und die Tauglichkeit der erforderlichen Fahrzeuge und des Materials bedacht werden. Bei den Rettungstaktiken waren Entscheidungen wie sofortige, schnelle oder schonende Rettung nötig. Hier spielten für die Teams zudem Entscheidungen zu rettungsmedizinischen Möglichkeiten und Prioritäten eine Rolle.

Medizinische Entscheidungen unter erschwerten Bedingungen

Welche Behandlung ist also wann angebracht? Können erweiterte Maßnahmen wie Analgesie oder Beatmung genutzt werden oder sind unter den jeweiligen Bedingungen nur minimalistische Möglichkeiten gegeben? Was bedeutet das beispielsweise für die Herstellung der Transportfähigkeit eines beatmeten Patienten beim Transport im unwegsamen Gelände, aus der Tiefe oder in beengten Verhältnissen?

„Mit diesen komplexen Szenarien vertiefen wir nicht nur die grundsätzlichen Fähigkeiten unserer Auszubildenden, sondern geben auch einen Einblick in die Möglichkeiten der Weiterqualifizierung als Notfallsanitäter, wie zum Beispiel die Rettung aus Höhen und Tiefen“, erläutert Fachlehrer Konstantinos Lazaridis.

Positive Resonanz der Teilnehmenden

Auch bei den Protagonisten stieß der lebensnahe Unterricht auf positive Resonanz, wie die angehende Notfallsanitäterin Julia Müller beschreibt: „Das war eine schöne Gelegenheit, über den Tellerrand hinaus zu blicken und sich außerhalb der Komfortzone zu bewegen.“
Und ihr Kommilitone Florian Schulz ergänzt: „Dieses lehrreiche Wochenende war gut geeignet, um komplexe und besondere Einsatzlagen realistisch zu trainieren.“

Auswertung und Ausblick

An der Johanniter-Akademie beginnt nun eine erste Auswertung des Pilotprojektes. „Es lief zwar nicht alles wie geplant, aber neben dem Verbesserungsbedarf sehe ich vor allem viel Potenzial. Und an unsere Schülerinnen und Schüler geht ein großer Dank, weil sie bereit waren, sich auf ein so ambitioniertes Projekt und dieses Neuland einzulassen. Es freut mich sehr, dass wir es gemeinsam durchgezogen haben. Gleiches gilt für die gemeinsame Kooperation mit der JUH im Regionalverband Lippe-Höxter, sowie den DRK-Bereitschaften Marienau, Bad Münder und Hameln“, so Lazaridis.

Für das kommende Jahr sieht die Johanniter-Akademie gute Chancen, die Outdoor-Lerneinheit zu wiederholen, wie auch sein Kollege und Fachlehrer Tobias Sieg betont: „Wir haben den Verbesserungsbedarf erkannt, die erforderlichen Veränderungen werden entsprechend erarbeitet und im nächsten Jahrgang umgesetzt.“

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